Lockerflockige Trainingsfahrt…oder so

Samstagmorgen 07:15 Uhr, als die Welt noch in Ordnung war, ging es in Scuol los auf die 137 Kilometer um den Nationalpark. Ich ging das Rennen bewusst langsam an, da ich 1. Respekt vor der Strecke hatte und 2. mein Fokus auf dem Chaschauna lag. Folge des langsamen Starts war ein circa 2-stündiges beständiges Rauschen durch die vorbeiziehenden Fahrerinnen und Fahrer (was mich natürlich absolut kalt liess und keineswegs an meinem Selbstvertrauen nagte). Ab den ersten Metern machten mir bereits meine Beine zu schaffen, da ich am Tag zuvor das erste Mal der Meinung war, dass meine französischen Luxusmüskelchen keine Massage oder Dehnung nötig hätten. Ungeachtet des Rauschens und der suboptimalen Muskeln blieb ich meinem Tempo treu und spulte die Kilometer ab. Nach ungefähr 70 Kilometern kam ich in Livigno an, fühlte mich ziemlich gut und nahm den vielfach verfluchten Chaschauna Pass in Angriff. Die Athletinnen und Athleten um mich herum stiegen von Beginn her vom Bike ab und schoben ihr Gefährt auf die Passhöhe in 2694 m.ü.M aufgrund des sehr sehr sehr sehr sehr steilen und schwierigen Weges. Da ich schieben verabscheue entschied ich mich für die Variante hochmurksen. Dadurch war es mir möglich viele der Fahrer_innen, die mich zu Beginn stehen gelassen hatten, wieder zu überholen. Das Überholen setzte ich auf der folgenden Abfahrt fort und kam immer noch ziemlich munter nach ungefähr 100 Kilometern in Zernez an. Ab da begannen die Qualen so richtig und langsam aber sicher verging mir der Spass an der ganzen Sache. Noch immer waren 1000 Höhenmeter und 37 Kilometer in einem ständigen Auf und Ab bis ins Ziel in Scuol zu bestreiten und die machten mir physisch und psychisch mehr zu schaffen als die ganzen Berge zuvor (vielen Dank an dieser Stelle an den oder die sadistisch veranlagte Streckenplaner_in). Nach ungefähr 2 weiteren Stunden des Fluchens kam ich tatsächlich in Scuol an, mit einer Endzeit von 8 Stunden 40 Minuten und auf dem 20. Schlussrang. Erledigt und unzufrieden mit meiner Leistung stieg ich vom Rad und schwor mir nie wieder am Nationalpark Bike Marathon auf der Startlinie zu stehen. Ein Tag später und immer noch mit beträchtlichen Schmerzen im ganzen Körper (ausser meinem kleinen Finger, den spür ich seit gestern nicht mehr) habe ich beschlossen diese 8 Stunden 40 auf keinen Fall auf mir sitzen zu lassen. Ich will Revanche!

Kleine Anekdoten die ein Marathon schreibt:

Abfahrt nach dem Alpisella Pass hinter einem nicht mehr ganz blutjungen Biker. Nach der Durchquerung einer der zahlreichen und erfrischenden Wasserlöchern auf der Strecke rief er aus “Sind doch alles ***! Könnten wenigstens eine Brücke bauen!”. Jawohl, wo sind die Nationalpark-Brückenbauermännchen wenn man sie braucht, verfluchter Outdoor-Sport!

Anstieg zum Chaschauna, alle an der Grenze der körperlichen Leistungsfähigkeit, ich nur fokussiert eine Umdrehung an die nächste zu hängen und Meter für Meter weiter zu fahren . Neben mir nimmt ein hoch marschierender Fahrer frisch fröhlich sein Handy ab, was auch sonst, und beginnt ein Gespräch. Am anderen Ende schien eine sich im Zielraum aufhaltende Person zu fragen wo er sich denn befände. Seine Antwort: “A dem hüere Pass!”. Das war der einzige Moment im ganzen Anstieg an dem ich beinahe in den Graben gefahren wäre vor verhaltenem Lachen. 2 Kurven weiter oben hörte ich den lockeren Walliser immer noch am Telefon plappern.

5 Kilometer vor dem Ziel begann ich alle Energie die ich noch hatte raus zu hauen. Dies fasste ein ebenfalls nicht mehr blutjunger Biker als Einladung auf sich an mein Hinterrad zu klemmen. Dies fasste ich meinerseits als Herausforderung auf ihn in der Schlussabfahrt noch abzuhängen (2 Kurven waren ziemlich an der Grenze gefahren…also mehr Glück als Verstand dass ich nicht im Graben landete, absolut bewusst natürlich). Meine persönliche Klette blieb an mir dran und so liess ich es die letzten Meter vor der Ziellinie ausrollen, froh meine Strapazen beenden zu können. Nicht so meine Klette, schliesslich ist er ein “Siebesiech”. Bedeutet so viel wie er setze nach 137 Kilometer zum Sprint an (schliesslich bin ich nicht mal in seiner Kategorie) und gab es mir so richtig indem er einen halben Meter vor mir wie ein junges Reh die Ziellinie überhüpfte. Ich gratuliere zum geschätzten 768.4. Schlussrang, das war es wert!

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Ausscheidungsrennen in Hochdorf

In Hochdorf starteten wir am Sonntag zum zweitletzten Cross Country Rennen der Saison. 200 Meter nach dem Start folgte ich einer Eingebung (ob diese klug oder dumm war lässt sich nur schwer erörtern) und lancierte einen Sprint. Das Feld wurde auseinander gezogen und ich führte während einer halben Runde.  Mit einem unwiderstehlichen Antritt von Aline Seitz, welchem weder ich noch eine andere Fahrerin folgen konnte war die Diskussion um den Sieg mehr oder weniger gelaufen. Nachdem mein kleiner Vorsprung auf die Drittplatzierte aufgrund eines unfreiwilligen Zusammentreffens zwischen meinem Fuss und einem Baumstrunk (der Baumstrunk stand in meiner etwas optimistisch gewählten Ideallinie) dahin war, nahm ich die zweite Runde mit drei weiteren Verfolgerinnen in Angriff und leistete wiederum viel Führungsarbeit. Die erneute Attacke in derselben Steigung wie zuvor, dieses Mal durch die Deutsche Lena Wehrle, konnte ich parieren, die Gruppe blieb somit zusammen. Ich hatte in den ersten beiden Runden sehr viel Energie auf der Strecke liegen gelassen, was ich ab der vierten von sechs Runden zu spüren bekam. Immer wieder erfolgten Angriffe von Lena, unsere Gruppe war in der Zwischenzeit auf 3 Fahrerinnen geschrumpft und in der zweitletzten Runde schaffte auch ich es nicht mehr ihr zu folgen. Eine Runde vor Schluss hatte ich plötzlich wieder die ebenfalls davongezogene Franziska Brun vor mir. Ich hängte mich an ihr Hinterrad und wartete die ominöse mehrfach erwähnte Steigung ab, welche mir bereits zweimal zum Verhängnis geworden war. Dort ging ich aus dem Sattel, mobilisierte alle verbliebenen Kräfte zu etwas ähnlichem wie einem Sprint (nach knapp 20 Rennkilometer sah das nicht mehr wie bei einem jungen Reh aus) und schaffte es tatsächlich eine Lücke aufzureissen. In den technischen Passagen vergrösserte ich den Abstand noch ein klein wenig und konnte so den dritten Rang ins Ziel fahren. Ich habe versucht meinen ersten Sieg einzufahren, habe alles gegeben aber leider ging die Rechnung nicht wie gewünscht auf. Nächstes Rennen, nächste Chance!

Erst geht es aber für den Nationalparkmarathon ins Engadin. Das Rennen über 137 Kilometer ist die Hauptprobe für das im September stattfindenden Swiss Epic.

Galerie

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Einige Eindrücke zum gestrigen Rennen. Vielen Dank an Andrea Rovetta für die Fotos. Grazie mille a Andrea Rovetta per le photo.

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Schlammfestival Basel

Start auf der Pferderennbahn in Basel, jedes Jahr wieder speziell, nervös und schnell. Ich investierte von Beginn weg sehr viel Energie, damit ich mich vor dem ersten Anstieg vorne im Feld positionieren konnte. Mein Plan ging auf, obwohl man den Anstieg hoch rennen musste (was absolut nicht meiner Paradedisziplin entspricht, entweder Rennen oder Biken aber bitte nicht beides in einem!) und ich konnte mich im vorderen Drittel einreihen für die folgende Rutschpartie. In der Hälfte der Abfahrt beschloss ich eine neue Erfahrung zu machen und einmal auszutesten wie es ist, wenn ich anstatt auf dem Bike unter dem Bike die technischen Passagen absolviere (die Sanitäterinnen, die ich nach der Zieleinfahrt aufsuchten rieten mir, es bei dieser einmaligen Erfahrung zu belassen). Aufgrund des Sturzes zogen einige Fahrerinnen an mir vorbei, was mich ziemlich nervte, aber nicht aus dem Tritt brachte. Auf den vielen Flachpassagen konnte ich aufgrund meiner noch nicht ganz Cancellara-würdigen Rollerinnenqualitäten keinen Boden gut machen, das kompensierte ich dafür im kurzen Aufstieg und der Abfahrt, in welchen ich mit meiner Technik trumpfen konnte (auf dem Bike klappt das mit den Abfahrten nämlich ganz gut). Runde für Runde konnte ich Plätze gut machen und beendete das Rennen nach zwei herausfordernden und schlammigen Stunden auf dem 14. Schlussrang.

Nach dem verpatzen Rennen in Langendorf vor drei Wochen eine sehr gute Steigerung für mich, welche mich zuversichtlich stimmt für die wenigen noch kommenden Rennen. Jetzt muss morgen nur noch mein Arzt den restlichen Dreck aus meiner Kniewunde kriegen, dann klappt das am nächsten Sonntag auch blutvergiftungsfrei am Argoviacup in Hochdorf.muttenz1 muttenz2 muttenz4

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Swiss Epic 2.0

Am 14. September ist es soweit, dann starten Stefano und ich zum zweiten Mal am Swiss Epic, diesmal unter dem Namen “Never Give Up”. Wir sammeln wiederum kräftig Spendengelder um eine möglichst grosse Summe an Save the Children übergeben zu können. Ziel ist nicht nur eine sportliche Höchstleistung zu vollbringen in diesen 6 Tagen, sondern gleichzeitig hilfsbedürftige Kinder zu unterstützen. Über weitere Spenden würden wir uns freuen, mehr dazu unter stefanogugliotta.ch.

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