Sonderling Schweizermeisterschaften

Mit der Schweizermeisterschaft verbindet mich eine gewisse Negativbeziehung. Der Umstand, mich mit knapp 15 Athletinnen zu messen, welche zufälligerweise auch international zur Spitze zählen, stellt für mich eine alljährliche Herausforderung dar. Die Strecke in Echallens, geprägt durch viele steile Anstiege und technische Passagen kam mir entgegen und die letzten zwei Trainingswochen liessen auf einiges hoffen.

Am Start kam ich wie gewohnt gut weg und reihte mich im allgemeinen Gerangel um die Positionen im hinteren Drittel des Fahrerinnenfeldes ein. Mein Plan bestand darin, defensiv in die physisch stark fordernde erste von sechs zu absolvierenden Runden zu starten und anschliessend kontinuierlich aufzudrehen. Der Plan ging soweit gut auf, insofern ich beinahe stehend k.o. war und einiges an akrobatischem Können abliefern musste um auf meinem Rad zu verbleiben. Zu diesem Zeitpunkt war es mir ein absolutes Rätsel, wie ich weitere fünf Runden in meiner persönlichen Westschweizer Hölle durchstehen sollte. Ich wurde von Schüttelfrost am ganzen Körper begleitet – logisch bei knapp 30 Grad Lufttemperatur – und die vor mir fahrende Michelle Hediger vergrösserte den Abstand. In Runde zwei steigerte ich mich im grossen Stil was die Technik anging, konditionell waren immer noch keine Höhenflüge in Sicht. Konsterniert kämpfte ich mich weiter über den Rundkurs, vor und hinter mir war niemand in Sicht. Zu meiner Freude veranstaltete das einheimische Publikum ordentlich Lärm für jede vorbeiziehende Fahrerin und das selbstgemachte Fondue mitten im Wald – ich erwähne gerne nochmals die 30 Grad und werfe die Frage auf: wie kommt man auf die Idee bei diesen Temperaturen ein Fondue mitten im Wald an einem Bikerennen zu köcheln?! – sorgten für ordentlich Motivationsschübe. In Runde drei von sechs war ich endlich in der Lage die Handbremse zu lösen und auf Angriff zu fahren. Dadurch kam ich wieder näher an Michelle heran, einer Überrundung durch die spätere Siegerin Jolanda Neff konnte ich aber nichts entgegenhalten und musste mich trotz leidenschaftlichem Kampf mit Rundenrückstand unter die Dusche begeben.

Ich habe nach den zwei letzten sehr guten Trainingswochen in den Pässen auf den langerwarteten Exploit gehofft, jedoch war die Schweizermeisterschaft offenbar das falsche Rennen dafür. Ein erneuter Anlauf wird auf die Augustrennen verschoben und ich sammle weiter Trainingsstunden auf meinem bevorstehenden Rennradtrip von Bern nach Nizza.

 

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Bei der nächsten Wurzel rechts und dann gleich wieder links…danach bitte wenden

Der Rundkurs in Hochdorf erinnert mich jeweils an einen Kinderklettergarten auf dem Pausenhof. Die Runde um das kleine Stadion zeichnet sich durch zahlreiche abrupte Richtungswechsel geprägt von kürzesten Anstiegen aus, während die Zusatzschlaufe in der Ebene für das Auseinanderziehen des Feldes sorgt und Überholmöglichkeiten bietet. Ich fühle mich definitiv wohler auf dem Spielplatzgelände des Start-Ziel Bereiches, in welchem in der Mitte einige Jugendliche frisch fröhlich dem Fussballspiel frönten und einen der Duft der Fritteuse umgibt, als auf der eintönigen Ebene um einen Acker herum.

Schon zu Beginn des Rennens drückte Michelle Hediger ordentlich aufs Tempo und das Fahrerinnenfeld wurde auseinander gezogen. Da ich keine Rollspezialistin bin, hielt ich mich an das Hinterrad der Oberkulmerin und wartete auf den kurzen Anstieg bevor es in die technischen Passagen des Kurses ging. Wie vermutet, sollte sich in dieser Steigung der weitere Verlauf des Rennens bereits herauskristallisieren. Michelle griff von Position drei aus an, ich folgte ihr und es entstand gegenüber Ladina Buss und dem Rest des Feldes ein kleiner Abstand. Das Spektakulärste an den technischen Passagen waren die halbhohen Wurzel- und Baumstrunke in den engen Kurven. Jene beschriebene Vegetation war es auch, in welche ich in regelmässigen Abständen mit dem Fuss hineindonnerte und so jeweils meine Konzentration unweigerlich auf den kurzzeitig mit Sternchen verzierten Weg vor mir heftete. Michelle pushte in der zweiten Runde wiederum den Anstieg hoch. Diesmal etwas zu schnell für mich und ich liess abreissen, um mein eigenes Tempo hochhalten zu können. Ich spürte die Nachwehen des Trainings von vergangener Woche mit voranschreiten des Rennens und konzentrierte mich fortan nur noch auf den unermüdlichen gleich hohen Druck auf die Pedalen (und dem Ausweichen weiterer Fuss-Wurzel-Zusammenstösse) um die erkämpfte Position weiter zu festigen. Meine Konzentration wurde jede Runde erfreulich durch die Anfeuerungsrufe der Nachwuchsfahrer von Hägglingen unterbrochen, welche mir mit absoluter Überzeugung bis in die letzte Runde zuriefen, dass ich die aus meinem Sichtfeld verschwundene Michelle sicher noch einholen werde. Mit einer leider von diesem kindlichen Optimismus abhanden gekommenen Sichtweise – aber nicht minder glücklich und zufrieden mit meiner Leistung – fuhr ich als Zweite im Ziel ein.

Meine Formkurve zeigt nun deutlich in die richtige Richtung und ermöglichte mir den ersten Podestplatz in dieser bis anhin nicht ganz einfachen Saison. Die nächsten Tage stehen im Zeichen harter Trainingseinheiten, damit ich an der Schweizermeisterschaft am 17. Juli in Echallens (VD) nochmals einen Gang hochschalten und das momentane Optimum aus mir herausholen kann.Podest Hochdorf

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