Von Kernkraftwerken, Quantensprüngen und Zwergen

Vor zwei Wochen blieb ich bei Rennhälfte noch im Schlamm von Estavayer stecken. Mit der Hälfte der Rennkilometer und neuem Material am Bike war ich zuversichtlich, am C1 Rennen in Lostorf ohne Fussmärsche ins Ziel zu kommen.

Inmitten der Profifahrerinnen kam ich als sechste aus der Startschlaufe und nahm die erste von sechs Runden in Angriff. Ich startete wie bereits die letzten Rennen verhalten in den langen Anstieg und wurde dementsprechend von etlichen Fahrerinnen überholt, während sich die Spitzengruppe von Beginn her absetzte und die ersten sieben Positionen unter sich ausmachten. Immer noch in Reichweite zu einer kleineren Gruppe vor mir nahm ich die technischen Passagen unter die Räder und konnte in diesem Bereich meine Stärke nutzen um den Rückstand wettzumachen. Im Sinne der sieben Zwerge schlugen wir uns in Einerkolonne durch die matschdekorierten Trails, in welchen immer wieder einzelne Fahrerinnen Opfer des Untergrundes wurden und sich in der Folge kurzfristig ins Unterholz verabschiedeten. Was dann passierte war sogar für mich überraschend. In der zweiten von sechs Runden fühlte ich mich plötzlich wie ein kleines, persönliches Aargauer-Kernkraftwerk. Im kräftezehrenden Starthang drehten meine Beine so schnell und effizient wie seit letztem Oktober nicht mehr. In den Anstiegen, dem Gelände in welchem ich normalerweise distanziert werde, fuhr ich auf eine Dreiergruppe vor mir auf. Da ich unbedingt als erste in den Trail einbiegen wollte und sich Eliane Müggler als ungemein zähe Kontrahentin erwies, lancierte ich eine Tempoverschärfung in der Mitte der Steigung. Immer noch mit Eliane am Hinterrad fuhr ich dadurch eher unbeabsichtigt die Lücke zwischen der mir folgenden Gruppe und der voraus fahrenden Michelle Hediger zu. In den technischen Up- und Downhills gelang mir die angestrebte Distanzierung zu den Verfolgerinnen und meine Zuversicht stieg mit jedem Meter. Meine Freude über die wiedergewonnene Kraft verlieh mir Flügel und nach knapp zwei Rennstunden erreichte ich als achte Elitefahrerin das Ziel. Ich wurde in der gleichen Runde gewertet wie die Siegerin, hatte den Unterschied zu meinen Kontrahentinnen in den Anstiegen machen können und zeigte über die ganze Renndistanz keine grösseren Schwächen. Dies klingt nach Kleinigkeiten und obwohl der Abstand zu den Spitzenfahrerinnen weiterhin gross ist, bin ich Stolz über den erzielten Quantensprung, welcher mir in nur zwei Wochen gelungen ist. Mit der gewonnen Zuversicht werde ich am Rennen in Hochdorf von nächstem Sonntag eine Bestätigung dieser Leistung anstreben und bin gespannt auf den Verlauf.

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